Atemlos durch jede Schicht


Alltag bei Pflegekräften

ZDF 37°

Produktion: micafilm

Ein Film von Caroline Haertel  u. Mirjana Momirović

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben der Pflegeberuf und die Krankenhauspflege viel Aufmerksamkeit bekommen. Aber die Arbeit der Pflegefachkräfte in den Kliniken ist immer noch mit uralten Klischees und Vorurteilen behaftet:

„Man wäscht Leute, man reicht Essen an, im Besten Fall verteilt man Medikamente, das sind so die Aussagen, denen ich immer wieder begegne.“

Vanessa ist 31 und Krankenpflegerin im Städtischen Klinikum Braunschweig. In ihren Schichten auf einer „Intermediate Care“ Station versorgt und überwacht sie Patientinnen und Patienten, die von der Intensivstation kommen und noch zu viel medizinische Betreuung brauchen, um auf eine normale Station verlegt zu werden. Die Verantwortung ist groß und groß ist auch der Stress, denn die Patientinnen und Patienten haben die unterschiedlichsten Krankheitsbilder und wechseln meistens schnell. Das prompte Reagieren-Müssen, die medizinischen Herausforderungen liebt Vanessa an ihrem Beruf, doch sie leidet wie auch ihre Kolleginnen und Kollegen unter dem bundesweiten Personalmangel und der Mehrarbeit durch die zahlreichen Coronafälle. Um die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern und über all das zu berichten, was sich ändern muss, hat Vanessa einen Instagram Account begonnen und engagiert sich in einem Berufsverband:  „Wir sind die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen und haben politisch so gut wie keine Stimme, das müssen wir ändern.“

Vieles muss sich in der Pflege verbessern auch in der Ausbildung, denn immer mehr Auszubildende hören vor dem Examen auf, inzwischen sind es fast 30%. Dass es auch anders geht, zeigt der Kinderintensivpfleger und Ausbilder am Deutschen Herzzentrum Berlin Michael Wappler. Der 49jährige hat eine Ausbildung mitkonzipiert, die individuell auf die Lernenden eingeht und die daher kaum jemand abbricht. Und wer auf der Kinderintensivstation arbeiten möchte, bekommt noch eine extra Einarbeitung: „Wir haben hier schwerkranke Kinder und Babys mit komplexen Herzfehlern, die meistens nicht mit uns sprechen können, da müssen wir in jeder Minute hochkonzentriert sein und zusätzlich die permanente Angst der Eltern um das Leben ihres Kindes abfedern.“

Zum Konzept des DHZB gehört auch, dass die neuen Kräfte die Einarbeitungsphase verlängern dürfen. Das hat die 26jährige Mandy gemacht, weil sie sich noch nicht sicher fühlte. Jetzt beginnt sie, eigenverantwortlich zu arbeiten: „Ich habe großen Respekt vor der Verantwortung und kann auch nach der Schicht noch überhaupt nicht abschalten. Man arbeitet acht Stunden durchgehend, wie eine Maschine und dann kann ich dem Körper nicht sagen okay, jetzt schalte ich ab und kann schlafen.“

Acht Stunden durchzuarbeiten, oft ohne sich auch nur einmal richtig hinsetzen zu können, das steckt Michael seit 14 Jahren gut weg, denn noch immer geht er gerne zur Arbeit, fühlt sich persönlich und fachlich gefordert. Doch auch auf seiner Station fallen immer wieder Pflegekräfte krankheitsbedingt aus und müssen Betten gesperrt werden: „Bevor wir nicht wirklich viel mehr Personal haben, wird es immer so auf und ab gehen. Davon kann man sich nicht runterziehen lassen. Das darf die Motivation nicht beeinträchtigen. Und es gibt auch Tage, wo wir dann sagen. Das Kind ist so schwer krank, wir können nicht verschieben und müssen das heute operieren. Dann nehmen wir diese Mehrbelastung in Kauf.“



Erstausstrahlung: 24.01.2023, ZDF 37°